Die Sintflut – eine musikalische Geschichte
Erster Akt

Sonnenschein, blauer Himmel, ein Wildwuchs von Blumen auf einer saftig grünen Wiese. Am Horizont konnte man das Meer rauschen hören. Eine optische Definition von Glück und Unbeschwertheit.

In einer Tonne am Wiesenrand saß ein Faultier, legte die Miene in Denkerfalten und polterte gelegentlich gegen eben diese Definition von Glück und Unbeschwertheit an. Wer glücklich ist, denkt nicht nach, sagte das Faultier sich und allen, die es nicht wissen wollten und rekelte sich genüsslich in der Sonne. Diogenes – so heißt unser Faultier – erfand ganz nebenbei das Parádoxon.
„Der hat am meisten, wer am meisten zufrieden mit dem wenigsten ist.“ (Wenzel/Glucharen)
Am Horizont erspähte Diogenes zwei große Wolken, die in halsbrecherischem Tempo heraneilten. Zwischen den Wolken zuckten Blitze und ein Grollen rollte den Hügel hinab – fein, fein, dachte das Faultier – wo gehobelt wird, fallen Späne. Diogenes mochte es, wenn es kracht.
Die großen Wolken waren schon fast am Himmel vorbeigeflogen, da tauchte hinter der Hügel-Kuppe eine kleine Wolke auf, nicht einmal halb so schnell wie die Großen, dafür aber mit etwas Babyspeck um die Hüften, was vielleicht auch die zurückhaltende Geschwindigkeit erklärt.
„Eine Dicke Regenwolke“ (Reinhard Lakomy)
Melina Wenzel: Schlagzeug, Emil Peukert & Arthur Drechsler: Synth,
Josi Markert & Instrumentalkarusselle: Percussion, Gesang
Anna Mosbacher & Theresa Berger: Blockflöte

„Mamma! Pappa!“ rief die Babywolke, „wartet doch auf mich!“ Aber das zarte Stimmchen kam nicht gegen das Grollen der Eltern an. Es ging wie immer nur um Erwachsenen-Themen, wie die Hypothek aufs Wolkenschloss, deren Raten bald fällig werden und ob Vati-Wolke mal wieder seine benutzten Socken irgendwo liegen gelassen hatte. Um die Babywolke – und jetzt schieben wir einmal alle datenschutzrechtlichen Bedenken beiseite und nennen auch sie beim Namen: Lulu – um Lulu ging es jedenfalls nicht. Lulu war also traurig und erschöpft. Erst mal innehalten, einen Moment chillen, Luft holen – dachte sie und suchte sich einen Platz in der Sonne zur Rast.
Schlaflied (Max Raabe)
Sonja Meder & Clara Jacobi: Piano
Instrumentalkarussell 2: Percussion
Das Faultier Diogenes war ein wahrer Könner des Rastens, ein Virtuose im Pause-Machen, ein Meister der Entspannung, ein Genie des gepflegten Chillens, ein Ass im Ausruhen, ein Magier des Alle-Fünfe-Grade-Sein-Lassens. Worin Diogenes allerdings völlig ungeübt war: das Ertragen von Temperaturschwankungen, sogar im Nachkommastellenbereich. Da war er alles, was er sonst nie war: empfindsam, sich selbst gegenüber emphatisch, kurzum eine Niete. So schlug es ihm mit aller Macht aufs Gemüt, dass die eben noch so milde lachende Sonne einem Schatten wich. Nicht irgendeinem kleinen schmalen vorbeihuschenden Schatten, sondern einem Schatten wie aus Beton gegossen, ach was, wie aus Marmor gemeißelt, ein Fels in der Lichtwellen-Brandung, reglos wie eine Ruine. Es war dem Faultier, als wäre die Zeit gefroren, als wäre der Schatten gebunden an die Schwere des Seins!

Klavierfantasie in d-Moll, KV 397 (Mozart)
Helene Berger: Piano
Das Problem konnte nur von oben kommen. Griesgrämig hob Diogenes sein Denker-Haupt und analysierte scharfsinnig, dass eine kleine, dicke Regenwolke sich vor die wärmende Sonne geschoben hatte und dort verweilte – ohne die geringsten Anstrengungen zu unternehmen, weiterzuziehen.
„Ey, geh mir aus der Sonne, Digga!“ – rief Diogenes gen Himmel.
Fast schon wieder mit sich selbst und der Welt im Reinen, war die Babywolke bereits im Begriff weiterzufliegen. Da hallte es in ihren Ohren „Dicker, dicker, dicker“. Sie schaute herab und sah das Faultier schimpfend in der Tonne sitzen. Dieses schlaffe Wesen, dessen Fell vom Bauche zum Rücken hinwächst, dieses streng nach Hygiene-Verweigerung riechende Subjekt nannte sie „DICKER“?!
„Why Does My Heart Feel So Bad“ (Moby)
Mads Hermann: Schlagzeug, Emil Peukert: Bass-Synth, Lennik Hanke & Anna Martin: Piano, Richard Hase: Cello, Greta Trenkel: Gitarre
Lulu fühlte, wie ihr ein Tränchen die Wange hinunter rann, sich von ihrem Kinn löste und einem Löffel Spinat gleich – BLUBB – auf Diogenes’ Stirn klatschte. Ergriffen von sich selbst brach es aus ihr heraus. Eine tosende Flut ergoss sich über die bis dato heile Welt der Tiere. Wie ein Perpetuum Mobile ergab eine Träne die andere. Es war eine Sintflut biblischen Ausmaßes!
Ende erster Akt
Intermezzo: „River Flows In You“
Arthur Drechsler: Piano
Zweiter Akt
Bevor wir mit unserer Geschichte fortfahren, möchte ich klarstellen, dass wir uns mit dieser Erzählung der Wahrheit verpflichtet fühlen. Sicherlich hätten wir auf der Jagd nach der billigen Pointe unrealistische Wendungen einbauen können, wie beispielsweise, dass die weinende Wolke nach kurzer Zeit gar nicht mehr wusste, warum sie denn überhaupt zu weinen begann und die Elternwolken einfach zu ihrer Babywolke zurückflogen. Wir könnten mit einer rhetorischen Finte unsere Geschichte explosionsartig beenden – wie etwa: Es war nur ein Traum – Oder dass die Wolke vom vielen Weinen ganz von allein schrumpfte. Aber wir möchten weder die Gesetze der Physik bis zur Unkenntlichkeit beugen noch Geschichtsfälschung betreiben. Wir halten uns an die Fakten und sei es auch auf Kosten der Dramaturgie – „Sagen was ist“ muss unsere Devise bleiben!
Nun denn, fahren wir fort:
Eine dunkle Wolke, grauer Himmel, ein Chaos aus verdorrtem Gestrüpp auf einer trostlosen, matschigen Ebene. Von Überall hörte man das Echo des donnernden Unheils. Die optische Verkörperung von Tristesse und Bedrücktheit.
„Je Te Laisserai Des Mots“ (Patrick Watson)
Clara Jacobi: Piano
Der Strand füllte sich mit Tieren. Groß und Klein, Alt und Jung, ganz alte, wie die Dino-Saurier und ganz junge, wie die Eintagsfliegen, sie alle versammelten sich um eine Gruppe permanent verträumt in die Ferne schauender weißhäuptiger Zotteltiere. Der Chef war der Panda Epikur, welcher zum verträumten Blick noch ein fast aufgesetzt wirkendes Lächeln an den Tag legte. Um ihn herum das Schaf Wolltaire, der Wasserbüffel Christian – ein Stoiker, der Uhu Jürgen, der stets sprach, als hab’ er Maß genommen, Diogenes kam in seiner Tonne angewackelt, ein Bewegungsablauf, den er sich bei den Walrossen beim Landgang abgeguckt hatte, die gerade gemeinsam mit den Delfinen, dem Hammerhai und dem Nagelrochen angeschwommen kamen.






Jürgen schaute einmal ganz um sich selbst herum und merkte an, dass zwar schon viele dem Aufruf zur Debatte gefolgt waren, aber eben noch nicht alle. Diogenes motze „Die Unwissenden sind sich dem ernst meiner, äh der Lage nicht bewusst!“, doch Epikur sagte mit freundlichem Tone „Sicher meint Ihr, dass Disziplin und Pünktlichkeit die Grundwerte des Lebens sind, doch lasst Euch gesagt sein: Es ist des Lebens Sinn, glücklich zu sein! Gönnt doch den Zuspätkommern ihr Lebensglück.“ So sprach er und sah, wie Fritz Fennek seine Ohren spitze. Und da kamen sie auch schon angetanzt.
Die schönen Schwäne –
„Schwanensee
Anna Mosbacher: Blockflöte

Die verrückten Frösche – „Axel F.“
Konrad Brzezinski: Synthesizer

Der kleine Hamster Hans
„Hänschen klein“
Florian Berger, Mats Hataim, Theresa Herberg, Luise Peukert

Die
Elefanten –
„Zwei Elefanten“


InKas: Tanz&Gesang, Arthur Drechsler: Piano
Anton Peukert & Karl Pusch: Schlagzeug


„Seid gegrüßt meine Freunde“, eröffnete Epikur. „Unter uns gibt es viele, die sich kaum noch erinnern können, wie ein blauer Himmel aussieht oder wie angenehm warm sich Sonnenstrahlen auf der Haut anfühlen können“. Diogenes grummelte voller Wehmut. „Es gibt einige, die sagen: ‚So geht es nicht weiter!‘, und andere, die aufgrund fehlenden Leidensdrucks nur der Abwechslung halber hier sind.“ Im Hintergrund plantschten die Robben mit den Enten.




„Alle Meine Entchen“
Instrumentalkarussell 2: Ole Abromeit, Fritz Zaiß, Friedrich Jorcke, Sofia Jurkic, Jakob Flechsig, Pepe Enge
im Folgenden als „Wir-Sind-So-Unschuldig“-Band bezeichnet
„Aber diese Tiere waren nicht weniger glücklich, als es noch nicht fortwährend regnete, deshalb schlage ich vor, eine Lösung zu suchen und wenn wir sie gesucht haben, diese auch zu finden.“ Über ihnen kreischte Max Möwe: „Hätte das Faultier die Wolke in Ruhe gelassen, hätten wir das Problem nicht! Die Schuld liegt ja wohl eindeutig bei dem alten Zottel!“ „Gar nichts liegt bei mir!“ erwiderte Diogenes mit getroffene-Hunde-bellen-Stimme. „Ich habe die Wolke doch nur aufs Allerhöflichste gebeten, ein klitzekleines Stückchen weiterzuziehen.“ Das Schaf Wolltaire mähte laut, um den Streit zu schlichten. „Mes amis, es geht nicht um Schuld, sondern darum, gemeinsam das Katzenkind, welches nun mal in den Brunnen gefallen ist, aus diesem wieder herauszuholen!“


„Ist ’ne Katz’ in’ Brunn’ gefallen“
„Wir-Sind-So-Harmlos“-Band
Weiter hinten wurde es unruhig, die Dinos kauten mit lautem Schmatzen eine Eiche wieder. Kolibri Knigge hatte es aufgegeben, die Dinos zu ermahnen, doch bitte die Tischsitten wahren. Er konnte sich nur wundern, wie diese ungehobelten, riesigen, bebeinten Berge in der heutigen modernen Zeit überhaupt noch ihren Platz fanden. Sie wirkten verloren wie Schlaghosen auf einem Rave.
„Jurassic World“ (J. Williams)
Karl Pusch & Anton Peukert: Schlagwerk, Luís Schreyer: Piano,
Emil Peukert: Synth


Neben den Dinos saßen die Wölfe. Nicht irgendwelche – sondern DIE Wölfe. Sie sahen aus wie Ganoven und scharrten sich um ihren Anführer Wolle. Er war der Chef, die anderen beiden, Bolle und Knolle, führten einen Überbietungswettkampf im großmäulig Herumheulen, immer den Job des Stellvertreters im Blick, profilierten sie sich, wo immer sie konnten. Sie gehörten zur Weltunter-Gäng und trugen ihre fatalistische Stimmung wie eine Monstranz vor sich her. Viel mehr blieb ihnen auch nicht, um auf dicke Hose zu machen. Die Tierversammlung hatte nach langer Debatte in einer früheren Abstimmung demokratisch beschlossen, dass die Wölfe sich fortan vegan ernähren müssten. Die drei Schweine versprachen im Gegenzug, auf jegliche Provokation zu verzichten – insbesondere auf ihre oberkörperfrei dargebotenen Bauchtänze vor den tropfenden Zähnen der Wölfe. So blieben Wolle, Bolle und Knolle nur noch die süßen Träume.



Sweet Dreams (M. Manson)
Anton Peukert & Karl Pusch: Schlagzeug, Greta Trenkel: Bass, Anna Moldt: Gitarre,
Emil Peukert & Arthur Drechsler: Synth, Richard Haase: Cello, Moritz Seidler: Vocals
„Jetzt ist mal gut mit Eurem Pessimismus!“, ermahnte Epikur die drei Halbstarken. „Man kann den Weltuntergang auch herbeischreien!“ Die drei Wölfe ließen ein gelangweiltes Heulen hören. „Was wir brauchen, sind konstruktive Vorschläge, wie wir das Problem lösen können.“ „Nichts leichter als das: Wir verjagen die Wolke. Und wagt es nicht, zu widersprechen, sonst zerreißen wir Euch,“ presste Wolle zwischen seinen Reißzähnen hindurch. Jürgen, der ganz grundsätzlich von dem doch sehr friedlich verlaufenden Treffen angetan war – ein zivilisatorischer Meilenstein – ermahnte die Gäng. „Was wir brauchen, ist ein herrschaftsfreier Diskurs. Ein Austausch unter Gleichgestellten!“ „Aber wir sind doch nicht gleich,“ warf Knolle ein. „Wie kann es sein, dass Schildkröten genauso viel zu sagen haben wie Eintagsfliegen?“. „Alles ist relativ,“ sagte Albert. Ein Steinadler duldet keine Oberflächlichkeiten!
„Aber,“ so fuhr der Uhu Jürgen fort, „Demokratie bedeutet nicht nur, dass alle eine Stimme haben, sondern auch, dass diese gehört werden. Deshalb sollten wir den Schweinchen nun die Gelegenheit geben, sich zum Thema zu äußern!“
„Wer Hat Angst Vorm Bösen Wolf“
Karl Seim: Cello



Entspannt lümmelte ein Wurm auf einem Stein und grinste so breit, dass sein Grinsen sich mehrmals um seinen Leib wickelte. „Was sagst du eigentlich dazu, Bobbie?“ ranzte Diogenes den Wurm an. „Ich heiße Robert Randolph Reginald Uwe Regenwurm und ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben!“ Ja, er war eine Nervensäge mit Herz – ohne eines zu besitzen. „Ich weiß gar nicht, warum ihr alle so aufgeregt seid“, fuhr er fort. „Wenn ich mir die Situation durch meine Regenwurm-Brille betrachte, ist doch alles gut und fein.“ Milde schauten die anderen zu ihm herunter. In Wahrheit war Bobbie nämlich kein Regenwurm, sondern ein schnöseliger Schnurwurm, der sich nichts sehnlicher wünschte, als ein Regenwurm zu sein. Es wurmte ihm!

„So Ein Regenwurm Hat’s Gut“ (H. Rühmann)
Anton Peukert: Schlagzeug,
Arthur Drechsler: Piano
Epikur blickte voller tiefster Zufriedenheit in die Runde. Es streichelte auch seine Seele, dass so viele verschiedene Tiere – Jäger wie Sammler – sich hier versammelten und trotzdem fehlte niemandem ein Körperteil oder wurde gar ein ganzes Tier in irgendeinen Schlund geschlungen. Die Spechte ließen die Würmer in Ruhe, die Wölfe hielten sich ebenfalls zurück – auch wenn ihr Appetit sie immer wieder zu sehnsüchtigen Blicken in Richtung Stups, dem Osterhasen, verleiten wollte und nicht einmal Albert überwand Raum und Zeit, um sich auf die Mäuse zu stürzen. Zivilisation at its best!
„Wind – Epis Lied“
Ella Minker: Piano, Instrumentalkarusselle

Es gab keinen Grund, dass Erdmännchen Emil sich immer wieder erhob und nervös nach eventuellen Gefahren Ausschau hielt. Emils Nervosität beruhte heute aber nicht auf Vorsicht und Angst, sondern er brütete an einer Idee. Und als die Idee ausgebrütet war, rief er aus: „Das ist es! So und nicht anders müssen wir es machen!“ Fragende Augen sahen ihn an. „Wir müssen uns damit abfinden, dass es nie wieder aufhören wird, zu regnen!“ Er sprach schnell und überschlug sich fast dabei. „Ich baue uns ein Schiff, auf welchem wir Zuflucht suchen können. Alles, was ich dafür brauche, ist etwas Holz, ein Hammer, Nägel und natürlich einen Namen für das Schiff.“ Diogenes sagte abfällig: „Mehr als eine Kiste wirst Du sowieso nicht zustande bringen. Du könntest sie „Arche“ taufen. Arche kommt von „Arca“ und bedeutet Kist…“ „Arche“ lachte der Krebs Marcus „Das ist ja voll für ‘n Arch! Kauf Dir noch ein ’s’, dann passt’s!“ Einige, wie zum Beispiel Papagei Paul, der dauernd fragte, wo der Adler ist, stimmten in das Gelächter ein.


Andere, wie der Igel, kamen überhaupt nicht damit klar, dass plötzlich so eine Kindergartenstimmung in die Versammlung Einzug gehalten hatte und igelte sich so ein, dass nur noch sein übermäßig runder linker Zeh aus seinem Stachelkleid herauslugte.

Emil hörte nicht auf die Spötter, er sah vor seinem inneren Auge, wie ein Schiff – sein Schiff – majestätisch einem Titanen gleich über die Wellen hinwegfegte. „Ich hab’s! Es soll ‚Titanic‘ heißen! Das klingt nach absoluter Unsinkbarkeit! Robust und mächtig wie ein Titan!“ Das Schiff hatte nun einen Namen, musste aber noch gebaut werden. Das Holz bekam er vom Biber, den wir der billigen Pointe halber Justin nennen könnten, der aber, da wir bei der Wahrheit bleiben wollen, schlicht Holger hieß.
Thor, der Hammerhai, und Rosti, der Nagelrochen, standen – oder besser gesagt: schwammen – bereit, um beim Bau zu helfen. Da Emil seine Idee als alternativlos betrachtete, begannen sie sofort – ungeachtet der noch laufenden Versammlung.


In der Versammlung herrschte nun ein wildes Durcheinander. Jeder wollte seinen Teil zur Lösung beitragen. Die Elefanten schlugen vor, den Regen mal eben wegzutrinken, der Maulwurf wollte einen Turm bauen, höher als die Wolke, damit man wieder die Sonne sehen könne – und die Frösche? Die boten ein Konzert am See an, denn ‚Musik hilft immer!‘. Die Katzen stellten sich schnurrend vor, mit ihrem spezifischen Gähnen – dem sogenannten „Flehmen“ – die Wolke anzustecken und sie in den Schlaf zu wiegen. Die Schwäne hingegen, beseelt von ihrer überirdischen Grazie, plantschten weiter – überzeugt davon, dass ihre makellose Eleganz die Wolke besänftigen würde. Schließlich schlug der Hundertfüßler vor, einen Can-Can zu tanzen und bot der Gruppe sogleich eine Probe dar.


„Hundertfüßler-Can-Can-Probe“
Instrumentalkarusselle & Josi Markert: Percussion, Katharina Brandt & Arthur Drechsler: Piano, Anna Mosbacher: Blockflöte
Der Slapstick-hafte Can-Can-Tanz des Hundertfüßlers sorgte für eine lockere Stimmung. Der Krebs Markus spürte, dass er noch einen draufsetzen musste. „Es kann doch nicht so schwer sein, die Wolke wieder zum Lachen zu bringen. Ich habe ein paar Witze in petto, das geht Ruck-Zuck und die Wolke hört auf zu weinen.“ Die anderen Tiere rollten mit den Augen. „Hat die Blume einen Knick, war der Schmetterling zu dick!“ Unnötig zu erwähnen, dass die Wolke weiterweinte.

„The Entertainer“ (Scott Joplin)
Helene Berger: Piano
Der Wasserbüffel Christian machte sich ganz gerade und räusperte sich. Eine kleine, wohlüberlegte Pause zeugte von seiner rhetorischen Brillanz. Es wurde still in der Runde, alle warteten auf Christians Beitrag. In der von ihm gewohnten präzisen Diktion trug er vor: „Manchmal ist es besser, nicht zu reagieren, als falsch zu reagieren!“ und setzte sich wieder hin. Ein enttäuschtes Murmeln breitete sich aus, während die gespannte Erwartung der Tiere in hilfloser Ernüchterung verpuffte. „Du solltest Politiker werden!“ warf die Giraffe ein.

Christian

„Reden kannst du gut, aber es kommt nicht viel bei rum.“ Die Giraffe legte selbst auch viel Wert auf eine ordentliche Aussprache, da sie am eigenen langhalsigen Leib erfahren musste, wie negativ sich Nuscheln auf das eigene Selbstbild auswirken konnte. Sie hieß Nora, da aber viele Tiere nuschelten, als wären sie Muscheln mit n, nannten sie alle Noah. Nora hatte allerdings eine bestechende Idee: „Hat eigentlich schon jemand von Euch daran gedacht, einfach mal die Wolke zu fragen, warum sie denn so viel weint? Wer nicht fragt, der kriegt nicht, sagt meine Oma gerne.“ „Und Du könntest mit der Wolke auf Augenhöhe sprechen,“ fügte der Uhu Jürgen hinzu.


Wieder war es Fritz Fennek, der am Boden ein leises, beinahe unhörbares Hüsteln vernahm. Niemand war zu sehen, aber Fritz war sich sicher, dass er etwas hören konnte. Gut, dass die Brillenschlange auch am Start war. „Kobra, übernehmen Sie!“ sprach er und tatsächlich: die Kobra, die ihre Aufgabe mit aller gebotenen Akribie erfüllte, erspähte einen wuseligen Haufen Flöhe am Boden. Wie am Küchentisch einer Hippie-WG sprachen alle durcheinander, sprangen auf und ab – und zelebrierten ihren Hedonismus. „Versucht doch mal, mit einer Stimme zu sprechen! Unisono im Chor, dann können wir Euch auch verstehen.“ zischte die Brillenschlange. Die Flöhe, obwohl immer auf dem Sprung, beruhigten und konzentrierten sich. Einer zählte bis vier – und ein Chor schwoll an, der, hätte der Strand Wände, diese zum Wackeln gebracht hätte. „Wir werden sie kitzeln, bis sie lacht!“

Die Flöhe

Floh-Walzer (F. Loh)
Katharina Brandt & Emelie Seim: Piano
Vom Ufer her hörten die Tiere ein stetig lauter werdendes Klopfen, bis etwas krachend klirrte. Am Strand stand Emil, das Erdmännchen, und ließ, vor Stolz fast platzend, seinen Blick den Rumpf seines gerade getauften Schiffes hinaufwandern. Da lag sie wiegend in den Wellen. Anmutig und gewaltig zugleich. Ein Manifest der Handwerkskunst. Emil sah zu den anderen hinüber. Er hatte erwartet, dass sie ihm nach der Fertigstellung der Titanic die Bude einrennen. Doch abgesehen von den Wölfen, die klagend der zerborstenen Flasche Rotkäppchen hinterherheulten, blieb das Interesse erstaunlich gering.“ „Wir würden ja an Bord kommen,“ sagte Rosti, der Nagelrochen, „aber was sollen Fische auf einem Schiff?“ Thor ergänzte: „Das wäre ja, als würdest Du, anstatt eine Treppe hochzugehen, die Treppe mit Dir hochrollen lassen. Nein! Du musst nur mal anständig die Werbetrommel rühren und die Nachfrage ankurbeln. Zeig ihnen, was unser Schiff draufhat!“ „Gute Idee!“ sagte Emil, band die Leinen los, brachte das Ruder auf Kurs und legte ab.

„Sailing“ (Rod Stewart)
Clara Jakobi: Piano, Arthur Drechsler: Synth
Emil legte erneut an – doch das Interesse blieb weiterhin gering. Nur die beiden Dinos drängelten am Check In. Da die beiden schon etwas älter waren, war ihnen das Konzept einer Kreuzfahrt geläufig. Emil ließ sich von der mangelnden Nachfrage nicht erschüttern. „Sei’s drum!“ sagte er trotzig, sein Schiff würde sich schon noch etablieren. „Alle Mann an Bord!“ Mit peinlich genauer Präzision erledigte unser Erdmännchen-Kapitän alle nötigen nautischen Handgriffe zum Auslaufen und legte ein weiteres Mal ab. Noch während das Schiff im Hafen war, standen die Dinos am Bug der Titanic, breiteten die Arme aus und sangen etwas davon, dass ihr Herz weitergehen würde.

Intro „My Heart Will Go On“
Theresa Berger: Blockflöte
„He’s A Pirat“ (Klaus Badelt)
Tim Patke: Schlagzeug, Aurelius Bender: Piano, Noah Heenemann: Bass-Synth, Arthur Drechsler & Emil Peukert: Synthesizer, Richard Haase: Cello
Karl Pusch & Instrumentalkarusselle: Percussion, Anna Mosbacher: Blockflöte
Alles verlief nach Plan: Die Segel blähten sich, der Wind pfiff durch die Wanten, und die Wellen peitschten gegen den Bug. Fest umklammerte Emil das Steuer. Wie aus dem Nichts tauchte am Horizont ein Einhorn auf und flog von Backbord auf das Schiff zu. Die Dinos hatten in ihrem langen Leben vieles gesehen – doch ein fliegendes Einhorn noch nie. Sie stürmten Backbord, um besser sehen zu können. Kurz bevor das Einhorn das Schiff erreichte, rumorte es warnend in seinem Bauch. Es wusste genau, was nun folgen würde.
– Pups – Wie ein entfesselter Luftballon schoss das Einhorn um das Schiff herum. Jetzt war es Steuerbord und die Dinos stolperten hinterher. – Pups – In wilden Kreisen flatterte das Einhorn zurück nach Backbord – und die Dinos stolperten hinterher.

Nach den zwei Pupsern dachte sich das Einhorn: ‚jetzt ist es auch egal‘ und während es jegliche Contenance fallen ließ, warfen seine Po-Muskeln das Handtuch.“
„Schicksals-Pupsfonie“ (L. v. Pupshooven)
Alternativ-Titel: „That’s What You Pay For“
gepupst haben:
Karl Pusch & Wir-Sind-So-Harmlos-Band
Die Dinos folgten weiter dem flatternden Einhorn. Von Backbord nach Steuerbord, von Steuerbord zurück nach Backbord. Hin und her – her und hin. Die Titanic geriet ins Taumeln und schaukelte sich immer weiter auf. Die Wellen schwappten über die Planken. Je nach Standort der Dinos – wenn sie denn mal standen – neigte sich die jeweilige Schiffsseite bedrohlich nahe an die zischenden Wogen. Ein dumpfes Krachen – schließlich kenterte die Titanic.
Emil konnte schwimmen!
Epi wollte nicht, dass die Tiere zu lange den Dinos hinterhertrauerten und löste die Versammlung auf. „Los jetzt, lasst uns keine Zeit mehr verlieren!“ Durch das große Durcheinander beim Aufbruch vergaßen die Tiere sogar, was für Tiere sie eigentlich waren.
Ende zweiter Akt
Pause
Dritter Akt
Entr’acte – „Nothing Else Matters“ (Metallica)
Johann Necke: Piano
Regen, Regen, nichts als Regen. Ein Inferno aus Wasser und Blitzgewittern. Überall wurde gebaut, geprobt und getrunken. Das emsige Treiben ließ keinen Raum für Trübsinn. Der Maulwurf baute seinen Turm, die Flöhe versuchten, bis zur Wolke zu hüpfen, um sie zu kitzeln und der Krebs Markus performte seinen Stand-Up: „Wofür braucht ein Clown eine Schere? – Um seine Grimassen zu schneiden!“


Direkt unter der Babywolke standen die Giraffe Nora, an deren Hals Diogenes ein Nickerchen hielt, der Panda Epi, der Uhu Jürgen nebst amerikanischem Anhang und der Steinadler Albert. Nora war in ein Gespräch mit der Wolke vertieft und schüttelte immer wieder ihren Kopf. „Was sagt die Wolke? Noah, was sagt die Wolke?“ rief Epi.


Nora senkte ihr Haupt. „Zuerst einmal sagt sie, dass sie Lulu heißt und ganz nebenbei, ich heiße Nora! Viel wichtiger ist aber, dass sie ihre Eltern verloren hat. „Ist ja kein Wunder, dass Lulu weint, da würden ja sogar die Wölfe weinen.“ erwiderte Epi. „Wir müssen nach ihren Eltern suchen und sie zurückholen. Wir brauchen jemanden mit größtmöglicher Weitsicht.“ Die amerikanische Eule Wayne mischte sich – ganz entgegen ihrer Art – ein und rief, während sie weiter Kaugummi kaute, „wir sollten losschicken den Eagle!“


Kurze Stille, dann zustimmendes Gemurmel. Sie riefen den Igel, der gerade darüber nachdachte, welches seiner vier Beine das Falsche beim Aufstehen sei, und baten ihn, loszuziehen und nach den verlorenen Wolken zu suchen. Gerade als der Igel seine Gegenargumente vortragen wollte, kam das Einhorn angeflogen, landete neben ihm und sprach ihm Mut zu. „Du schaffst das! Wer, wenn nicht Du! Noch nie war jemand besser für eine Aufgabe geeignet als Du! Und ich kann Dir helfen, ich weiß nicht warum, aber ich habe so ein Gefühl, etwas wieder gut machen zu müssen.“ Albert freute sich, dass er nicht für die Suche auserkoren wurde. Er war dann doch eher in der Theorie zu Hause als in der Praxis. Er räusperte sich und sagte: „Mir sind gestern im Traum ein paar Worte erschienen, deren Zusammenhang sich mir nicht so recht erschließt, auch kann ich mich kaum noch an sie erinnern. Eine Art Zauberspruch. Vielleicht kann er Euch helfen: ‚E = M mal Zeh‘“ ‚Da war sie wieder, die Anspielung auf seinen runden Zeh‘ dachte der Igel sich und spürte, wie der Trotz in ihm aufstieg. ‚Die sollen doch mal sehen!’ – „Komm Einhorn, wir fliegen los!“


Derweil nahmen die Projekte Gestalt an. Vielleicht nicht die ursprünglich geplante Gestalt, aber immerhin. Der Turm des Maulwurfs sah mehr aus wie eine schlaffe Zipfelmütze, da sich die Turmspitze gefährlich der Erde entgegen beugte. Marcus fragte gen Himmel: „Was ist grün und sitzt aufm Klo? Ein Kaktus!“ Die Flöhe hatten mittlerweile muskulösere Oberschenkel als die Frösche und hätten ein Fitness-Studio eröffnen können.

„Bauch Beine Floh“
Arthur Drechsler: Synth-Programming
Alle: Tanz & Gesang
Zurück zu unserem Duo Infernale. Es war ein Höllenritt! Sie kämpften sich durch dichte Nebelschwaden. Der Igel krallte sich in der Einhorn-Mähne fest, so gut er konnte, musste aber immer wieder nachfassen, um nicht am Schweif hinterhergeschleudert zu werden. Der Gegenwind strömungsglättete des Igels Stacheln. „Pause!“ brüllte der Igel in Richtung Einhorn-Ohr. Ihm erschien die Suche etwas planlos. Manchmal hatte er sogar das Gefühl, im Kreis zu fliegen. Das Einhorn bremste ab und landete etwas holprig auf einer Lichtung. „Eine Pause ist wohl nicht verkehrt. So ergibt sich auch die Gelegenheit, sich gegenseitig besser kennenzulernen – ein paar Teambuilding-Übungen haben noch jede so verspannte Situation aufgelockert. Sag mal, wie heißt Du eigentlich?“ wollte das Einhorn vom Igel wissen. „Wer, ich?“ Der Igel war damit beschäftigt, eine Karte des Geländes und ein sinnvolles Suchmuster zu erstellen, merkte dann aber, dass die Frage nur ihm gelten konnte. „Ich heiße Julio. Julio Iglesias! – ich müsste jetzt aus Gründen der Höflichkeit zurückfragen, wie Du heißt, seit der Sache mit den Dinos weiß aber wirklich JEDER, dass Du Bunti heißt. Was ich allerdings nicht weiß, für meinen Plan aber unbedingt brauche, sind alle Informationen, Deine Spezialfähigkeiten betreffend. Kannst Du zaubern?“ „Nein, leider nicht. Wenn ich nicht immer solche Blähungen hätte, könnte ich ja nicht einmal fliegen. Außerdem fällt es mir schwer, geordnete Gedanken zu denken, deshalb wirke ich manchmal etwas durch den Wind.“ „Immerhin hast Du ein Horn auf der Schnauze!“ „Ach, das ist nur die Pubertät. Was sind denn aber Deine Spezial-Kräfte, Julio?“ Julio hielt inne und dachte nach. Nachdenken war sein Ding. Aber war es seine „Spezial-Kraft“? ‘Der Adler, das ist ein Denker! Oder das Faultier! Das kann sich sogar über Probleme den Kopf zerbrechen, von denen er selbst noch nie etwas gehört hatte. „Ich bin nur ein ganz kleines Licht, absoluter Durchschnitt und sogar da habe ich meine Zweifel.“
„Creep“ (Radiohead)
Musikschulband
Tim Patke: Schlagzeug, Greta Trenkel: Bass, Emil Peukert & Moritz Seidler: Synth, Richard Haase
„Julio, ich habe das Gefühl, Dir kann ich vertrauen. Ich erzähle Dir jetzt etwas, das habe ich noch niemandem gesagt: Ich höre Stimmen!“ „Nun, das ist doch aber nichts Besonderes. Seit wir Tiere sprechen können, hören wir Stimmen. “ „Die Stimmen, die ich höre, sind aber völlig durcheinander und ich höre sie, obwohl niemand den Mund bewegt. Außer Dir ist hier niemand weit und breit und trotzdem schnattert es in meinem Kopf.“ Der Igel schaute sich um. Kein Tier weit und breit. Sie waren umgeben von rauschenden Bäumen, von vom Winde ausgezehrten Grashalmen und ein paar Wildblumen, die traurig ihre Köpfe zum Boden neigten.
Julio setzte zur Deduktion an und schlussfolgerte rasiermesserscharf, dass es eine logisch nachvollziehbare Ursache für Buntis Stimmen geben müsse. „Ich vermute, Du hörst die Stimmen der Pflanzen.“ Der Pflanzen? Es sprengte Buntis Vorstellungskraft, dass Pflanzen sprechen könnten, aber dann dachte sie daran, wie während ihres Frühstücks die Stimmen immer wehleidig und leiser wurden, bis sie schließlich völlig verstummten. Würde die Zeit nicht so drängen, könnte sie die Ethik ihres Veganismus reflektieren.
Auch wenn sich Julio dabei ziemlich albern vorkam, hob er die Stimme und frage ins Blaue oder besser ins Grüne hinein: „Habt Ihr die Eltern-Wolken vorbeifliegen sehen? Und falls ja, wann und wohin sind sie geflogen? Und wie schnell waren sie?“
Auf Bunti prasselte eine Vielzahl von Stimmen ein. ‚Hätte Julio doch nicht alle Fragen auf einmal gestellt.‘

Pflanzen

Das Einhorn übersetzte und schüttelte entmutigt den Kopf. „So schnell kann ich gar nicht fliegen! Das ist gegen die Naturgesetze. Nichts und Niemand kann schneller fliegen als der Adler.“ „Der Adler!“ rief Julio auf. „Er hat uns doch den Zauberspruch mit auf den Weg gegeben!“ So sehr es Julio widerstrebte, die Lösung im Übernatürlichen zu suchen, so widerstrebte es ihm auch, noch einmal als Passagier beim Einhorn einzuchecken. Zu all seinen Selbstzweifeln kam nun noch eine übersteigerte Flugangst. „Wie war das nochmal? ‚E=m mal Zeh‘?“ Nichts geschah. „Einen Zauberspruch kann man doch nicht so wegmurmeln,“ sagte Bunti. “Lass es mich mal versuchen!“ Bunti holte tief Luft und rief „E=m mal Zeh!“ Worauf immer sie warteten, sie warteten vergebens. Bunti schnaubte enttäuscht durch ihre Nüstern und stampfte wütend mit ihren Hufen auf.
Bamm! – Ein Einhorn-Huf sauste auf Julios linken, runden Zeh nieder. Vor Schmerz kräuselten sich seine Stacheln. Wie ein Fußballer nach einem Foul rollte er über den Boden und faselte in Trance auf seinen, jetzt wie ein nasser Lappen an seinem Fuß herunterbaumelnden Zeh ein. „Bis zur Hochzeit wird alles gut – muss heiraten – alles wird bis zum Heiraten – Hoch-die-Tassen-Zeit.“ Bunti wusste: sie hatte Mist gebaut. Schon wieder! Wenigstens konnte sie diesmal um Entschuldigung bitten. „Armer Julio, das tut mir so leid! Bitte verzeih mir, dass ich Deinen runden Zeh zum Quadrat gemacht habe.“ In Julios Kopf resonierte Buntis Entschuldigung. ‚Verzeih – leid so mir tut das – Rund – rund – Zeh zum Quadrat – rund – Zeh zum Quadrat – Zeh zum ….‘
Der Nebel aus Schmerz und Selbstmitleid klarte auf. Jetzt wo seine Gedanken wieder Raum und Zeit bekamen, um sich zu entfalten, erschien es ihm relativ einfach, zu zaubern.
„Heureka, wir müssen den Zeh zum Quadrat machen!“ schoss es aus Julio heraus. Ich weiß nicht, was gleich passieren wird, aber Du solltest Dich besser festhalten. Skeptisch blickte Bunti zu Julio hinab, grub ihre Hufe im Schlamm ein und ging in Deckung.
„E ist gleich m mal Zeh – zum Quadrat!“

Die Welt um sie herum verschwamm, ehemals klare Konturen flimmerten und oszillierten wie Sonnenlicht über heißem Sand. Von allen Seiten kamen stetig wechselnd expandierende und kontraktierende Blasen angeschwebt und waberten um sie herum. Das pure Chaos und doch getragen von einer grundlegenden, die Welt im Innersten zusammenhaltenden Ordnung. Eltern kennen diesen Zustand von den Zimmern ihrer Kinder.
In einer der Blasen konnten die Beiden verschwommen das Gewusel der Tiere sehen. Sogar den Maulwurfsturm – mittlerweile war es aber eher eine Brücke. Der Krebs Markus versuchte weiter die Babywolke zu erheitern. „Wozu braucht ein Clown eine Schere? Zum Grimassen schneiden!“ Bunti starrte auf eine Blase direkt vor ihr. ‚Es ist ein Mädchen‘ vernahm sie gedämpft. „Krass, krass, krass!“ rief sie dem Igel zu, „ich bin bei meiner eigenen Geburt dabei!“ Julio schüttelte den Kopf. „Wer nicht?“ fragte er, musste sich aber eingestehen, dass er mit der Situation völlig überfordert war. Ihm wurde flau im Magen, also versuchte er, seinen Blick an einer weiter entfernten Blase zu fokussieren. „Schau mal, da hinten, noch hinter den sieben Blasen mit den sieben Zwergkaninchen! Da schweben zwei Wolken, die der Babywolke wie aus dem Gesicht geschnitten aussehen, nur größer und trauriger.“ Bunti und Julio beugten sich nach vorne. Einen Wimpernschlag später wurden sie von der Blase eingesogen und standen beide mit ihren jeweils vier Beinen auf matschig festem Grund. Sie hatten die Eltern-Wolken gefunden.

Am Strand war alles hergerichtet. Der Turm, also die Brücke, wurde Dank der Farbeimer des Osterhasen bunt angemalt. Alle Choreografien funktionierten und die Tanztiere erwärmten mit Verve ihre eingerosteten Gliedmaßen. Lulu war begeistert von so viel Aufmerksamkeit und Hingebung. Aber wie sollte sie ohne ihre Eltern aufhören zu weinen? Die Hoffnung aller ruhte auf dem Igel und dem Einhorn.
Julio und Bunti hatten derweil den Elter-Wolken die Situation erklärt. Den Eltern fiel natürlich ein Stein vom Herzen, als sie hörten, dass es Lulu so weit gut ging. Sie wollten schnellstmöglich zurück. Julio musste seine Zauberformel nicht einmal mehr laut aufsagen, es reichte, wenn er sie nur dachte. Er entschied sich für eine Strandankunftszeit, kurz nachdem sie losgezogen sind und mit Bunti und den Eltern-Wolken im Gepäck raumzeitfalltete er los.
Das war ein Wiedersehen! Lulu, ihre Eltern, die Tiere – sogar die Pflanzen – lachten mit der Sonne um die Wette. Die Party konnte beginnen. Da Julio eine Ankunftszeit vor den letzten Tanz-Proben gewählt hatte, war der Hundertfüßler sehr unbeholfen beim Can-Can und die Frösche trafen nicht jeden Ton. Egal, die Magie des Moments konnte ihre Wirkung entfalten.

„Hunderfüßler-Can-Can“
Instrumentalkarusselle & Josi Markert: Percussion, Katharina Brandt & Arthur Drechsler: Piano, Anna Mosbacher: Blockflöte
„Froschparty“
Instrumentalkarusselle & Josi Markert: Gesang
Die Szenerie beruhigte sich etwas. Lulu grinste breiter als der Regenwurm. „Ihr Lieben, Ihr habt Euch so lieb um mich gekümmert, habt für mich getanzt und gesungen und meine Eltern wiedergefunden. Vielen Dank! Aber sagt mal, jetzt mal musikalisch gefragt, habt Ihr auch was Eigenes?“ Betretenes Schweigen. Die Tiere sahen sich gegenseitig fragend an. Da trat die Elster aus der Runde hervor. „Ja, klar Digg… äh, klar Lulu, wir haben auch etwas Eigenes. Es ist nur so, dass wir alle schon ziemlich fertig sind. Es war ein langer Tag und unser Endorphin-Level ist im Keller. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir heute noch einmal die Spannung hochfahren und voll fett abliefern können.“ „Und wenn ich ganz laut ‚Zugabe‘ rufe?“ fragte Lulu . Die Elster erwiderte „Es müssten schon alle ‚Zugabe‘ rufen!“ „ZUGABE RUFEN!“ echote Paul. „Und mitsingen!“ „UND MITSINGEN!“
„Alles Nur Geklaut“ (Die Prinzen)
Melina Wenzel: Schlagzeug, Emil Peukert & Arthur Drechsler: Bass-Synth, Richard Haase: Cello, Noah Heegemann: Piano & Gesang, Alle: Gesang
Auf einem fernen Planeten saß ein kleines, schmales Tier mit grünlich-grauem Fell und großen spitzen Ohren, zeigte langsam mit einem seiner 3 Finger in Richtung der Heimat-Galaxie der Tiere und wandte sich an einen mülleimeresk aussehenden Roboter zu seiner Seite: „Zum wiederholten Mal den Raum gefaltet diese Zivilisation hat. Zufall? Das kann nicht sein! Bereit für den Erstkontakt sie sind.“ Aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal.
Ende
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Sound-FX: Emil Peukert
Sprecherin & Gestaltung dieser Homepage & Überhaupt: Magda Arendt
Credits:
Idee: Thomas Bremer, Michael Glucharen
Autoren: Thomas Bremer, Michael Glucharen, das Team des GeyserHaus e. V. und die beteiligten Akteure – no Josi no Bunti, no Micha no fun
Unser Dank gilt allen Helfern, Unterstützern und Schülern & Lehrern! Damit sind auch die Familien ausdrücklich mitgemeint. 🙂
Impressum:
Wenn das Reh kein Geld mehr hat, dann ist das Reclam – Verlag GeyserHaus e. V.